Textform statt Schriftform: Was sich bei Gewerbemietverträgen ändert
Weniger Zettel, mehr E-Mails – aber nicht weniger Regeln

Seit Anfang 2025 dürfen gewerbliche Mietverträge mit Laufzeiten über einem Jahr endlich digitaler werden. Das Bürokratieentlastungsgesetz IV hat klargestellt: Die bisherige Schriftformpflicht ist passé – ab sofort genügt die Textform. Das klingt erstmal nach einer simplen Formalität. Tatsächlich verändert es aber die Art, wie Mietverträge aufgesetzt, geändert und dokumentiert werden – mit Folgen für Mieter, Vermieter, Käufer und alle, die mit Immobilien zu tun haben. Zum besseren Verständnis haben wir dafür den Anwalt Adnan Manzoor zum Gespräch eingeladen.
Was genau ist jetzt anders?
Bisher galt: Wenn ein Mietvertrag für eine Gewerbeimmobilie länger als ein Jahr laufen sollte, musste er schriftlich abgeschlossen werden – also mit Unterschrift auf Papier. War das nicht der Fall, galt der Vertrag als unbefristet. Das hatte vor allem in Transaktionen regelmäßig Sprengkraft.
Jetzt reicht die Textform (§ 126b BGB). Das bedeutet:
Keine Unterschrift notwendig
Keine Papierform notwendig
Lesbare Erklärung auf einem dauerhaften Datenträger genügt (z. B. E-Mail oder PDF)
Der Absender muss erkennbar sein
Für alle neuen Verträge ab dem 1. Januar 2025 gilt diese Regelung. Alte Verträge behalten bis Ende 2025 ihre bisherige Schriftformpflicht – es sei denn, sie werden geändert. Dann greift auch hier die neue Regel.
Gut gemeint – aber nicht ohne Tücken
Auf den ersten Blick ist das ein klarer Fortschritt: Vertragsverhandlungen und Änderungen können nun einfacher, schneller und digital abgewickelt werden. Doch mit der neu gewonnenen Freiheit kommen auch neue Herausforderungen:
1. Einheitlichkeit bleibt Pflicht
Auch in der Textform - egal ob als Mietvertrag für für eine gewerbliche Finanzierung – müssen alle wesentlichen Vertragsbedingungen aus einer einheitlichen Dokumentation erkennbar sein. Ein Vertrag per E-Mail-Anhang ist zulässig – ein fragmentierter E-Mail-Verlauf mit unklaren Absprachen kann dagegen gefährlich werden. Die Rechtsprechung verlangt weiterhin eine klare, zusammenhängende Dokumentation. Hier wird die Digitalisierung schnell zur Stolperfalle.
2. Mehr Risiko bei Änderungen
Wenn ein Mietverhältnis über Monate hinweg per E-Mail angepasst oder ergänzt wird, verliert man schnell den Überblick. Wer hat was wann gesagt? Und was gilt nun wirklich? Ohne saubere Struktur steigt die Gefahr, dass aus kleinen Ungenauigkeiten große Streitfragen werden.
3. Transaktionsrelevanz steigt
Für Immobilienkäufer oder Anteilserwerber sind sauber dokumentierte Mietverhältnisse zentral. Mit der neuen Regelung wird es schwerer, zwischen Hauptabrede und „lockerer Mailabsprache“ zu unterscheiden. Das Risiko, an unklare Nebenabreden gebunden zu sein, steigt. In Transaktionen wird deshalb noch stärker auf Dokumentation, Garantien und Vollständigkeitserklärungen zu achten sein.
Was hilft in der Praxis?
Ein paar Dinge haben sich bereits bewährt:
Formvorgaben in den Verträgen: Klare Regelungen, wie Änderungen erfolgen dürfen (z. B. „nur per E-Mail an definierte Adresse“), schaffen Struktur und Sicherheit.
Einsatz elektronischer Signaturen: Rechtlich nicht zwingend, aber sinnvoll – gerade bei komplexeren Vereinbarungen.
Vollständigkeitserklärungen: Wenn Mieter auf Anforderung bestätigen müssen, dass alle Absprachen schriftlich vorliegen, wird vieles klarer – und für Käufer nachvollziehbar.
Mehr Flexibilität – aber mit Plan
Die Textform macht vieles einfacher – aber nicht automatisch besser. Wer Verträge digital gestalten will, muss klare Prozesse etablieren. Eine unstrukturierte E-Mail-Flut ersetzt keine saubere Vertragsdokumentation.
Für alle Beteiligten gilt: Mit etwas digitaler Disziplin lässt sich das neue Recht gut nutzen. Wer sich aber auf „wird schon passen“ verlässt, bekommt es womöglich später mit dem Gegenteil zu tun.